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Felix Braun wurde 1885, seine Schwester Käthe drei Jahre später in Wien geboren. Die Mutter, Karoline Kohn, starb einige Tage nach der Geburt ihrer Tochter. Sie bat noch im Krankenbett ihre jüngste Schwester Laura, sich um ihren Mann und die Kinder zu kümmern, obwohl diese einen anderen liebte. Der Vater, Eduard Braun, heiratete Laura ein Jahr später, 1896 wird der Halbbruder Robert geboren.
Die drei Geschwister wuchsen in einem liberal-bürgerlichen Elternhaus (Wien, Grünentorgasse 8) auf, das gegenüber der orthodoxen jüdischen Religion im Laufe der Zeit etwas gleichgültig geworden war. Für den Vater war es das wichtigste, ein anständiger Mensch zu sein, sein Handeln zu verantworten und er versuchte den Kindern ein ethisches Verhalten vorzuleben. Dennoch litten die Geschwister schon als Kinder unter antisemitischen Äußerungen in ihrem Umfeld. Felix schreibt darüber in seiner Autobiographie „Das Licht der Welt“. Ich zitiere:
„Die politische Bewegung in Wien hat eine Steigerung der Erregung erreicht, die
zu rohen Ausschreitungen bei Versammlungen und auch in den Straßen ausartete.
Selbst Kinder hatten sich die Schlagworte der neuen Partei zu eigen gemacht, und
die Zugehörigkeit zu meiner Religion wurde mir auf den Spielplätzen der Gärten
und sogar in der Schule mit Hohn vorgeworfen. Während der Wahlen wagten viele
jüdische Kinder nicht auszugehen. Auch der Gärtnerbursche in unserem Haus ließ
mich den allgemeinen Haß fühlen. Einmal, als ich auf der Straße ging, überholte
mich ein Lastwagen; der Kutscher blickte zu mir hinab, sprang dann vom Bock,
schrie mir das Schmähwort zu, versetzte mir mehrere Schläge und stieg
gleichmütig auf den Lenksitz zurück.“.
(Felix war ca. 12 Jahre alt , 1897)
Auch im Sommerurlaub auf dem Land gab es antisemitische Anfeindungen. Felix wurde von Jugendlichen so geschlagen, daß er bis zum Lebensende auf einem Ohr fast taub war.
Vom dichtenden Großvater Moritz Khon, der Theaterstücke und Liedertexte für Wiener Volkssänger verfaßte, war Felix sehr beeindruckt und schrieb schon mit 14 Jahren sein erstes Theaterstück Die Kastellianerin.
Felix studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Archäologie und promovierte 1908 an der Universität in Wien. Es erschienen die ersten literarischen Arbeiten in der Neuen Freien Presse und der Österreichischen Rundschau. In dieser Zeit traf er die Schriftsteller Stefan Zweig, Anton Wildgans, Hermann Hesse sowie Hugo von Hofmannsthal, bei dem er später als Sekretär arbeitete. Von 1910 bis 1911 war er als Feuilletonredakteur in Berlin für die Nationalzeitung tätig.
Im Jahre 1911 heiratete er Hedwig Freund, die aber nach der Hochzeit auf Geschwisterliebe bestanden hat, so daß die Ehe vermutlich nie vollzogen wurde. Das Ehepaar hat sich 1915 scheiden lassen, blieb aber befreundet. Felix hat dieses für ihn tragische Erlebnis in seinem unveröffentlichten Werk „Das Dunkel der Welt“ und in den Tagebüchern zu verarbeiten versucht.
Für den Kriegsdienst war Felix untauglich, so wurde er 1914 dem Kriegsfürsorgeamt zugeteilt, wo auch Hugo von Hofmannsthal als Reserveoffizier diente. Hier entwickelten sie die Idee der „Österreichischen Bibliothek“ als Bekenntnis zu Österreich und der Leistung seiner Menschen. Im Jahr 1915 schrieb Felix das Drama „Tantalos“, für das er 1917 den Bauernfeldpreis erhielt und das Stefan Zweig in einem Tagebucheintrag vom 28.11.1915 als Meisterwerk bezeichnete. In diesem Jahr tritt Felix aus der jüdischen Gemeinde aus. Er arbeitete auch als Lektor im Georg Müller-Verlag in München und lernte bedeutende Schriftsteller kennen, darunter Thomas Mann und Rainer Maria Rilke. Mit vielen entwickelten sich enge Freundschaften, wie auch ein umfangreicher Briefwechsel belegt.
Felix lebte von 1928 – 1938 in Italien und war Privatdozent für deutsche Sprache und Literatur an den Universitäten in Palermo und Padua. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1935 konvertierten Käthe sowie ihr Bruder Felix zum katholischen Glauben, die Stiefmutter im Jahr 1938, wohl aus Angst vor Verfolgung und aus Sympathie für die Kinder. Sicherlich wollte die Familie auch zu einer mehr geschätzten Gemeinschaft gehören.
Im März 1938 wurden die drei Wohnungen der Familien Braun und Prager gekündigt, so daß die Emigration nach England bevorstand. Auch für die Juden in Italien war die Situation unhaltbar geworden, so wollte Felix unbedingt in der Schweiz leben, erhielt aber nur ein Durchreisevisum.
Das Hab und Gut, das Käthe vor der Abreise der Spedition Kirchner in Wien übergeben hatte, wurde von dieser absichtlich zurückgehalten, so daß die Gestapo 1940 Zugriff erhalten konnte und den Nachlaß versteigern bzw. vernichten ließ. Die Familie hatte unter dem Verlust sehr gelitten, denn es handelte sich hier auch um ein umfangreiches geistiges Gut, wie z.B. die Tagebücher von Felix Braun aus den Jahren 1911 bis 1932.
Nach einer längeren Internierung (1940) in England war Felix als Lehrer für Literatur und Kunstgeschichte an den Volkshochschulen, der Universitäten Durham, Liverpool und London tätig.
Felix Braun hat ein großes Werk hinterlassen. Es umfaßt Romane, Erzählungen, Essays, Gedichte, ca. 60 Theaterstücke, die sich mit biblischen Stoffen, geschichtlichen Themen und antiken Mythen beschäftigt. Sein Drama „Tantalos“ wurde 1932 zweimal, das Drama „Kaiser Karl V.“ insgesamt 17mal von 1936 bis 1937 im Wiener Burgtheater aufgeführt. Felix war auch Übersetzer und Herausgeber sowie Mitarbeiter von Zeitschriften, aber vor allem Lyriker und er erhielt viele Preise.
Anfang der 50er Jahre versuchte die österreichische Regierung Schriftsteller und Künstler aus der Emigration zurückzuholen. Der Familie wurde im 19. Bezirk im Karl-Marx-Hof eine große Wohnung angeboten und so kehrten Käthe und Felix zusammen mit der Stiefmutter 1951 nach Wien zurück. Die Tochter Ulrike sowie die Enkelin lebten bereits seit 1947 in dieser Stadt. Laura Braun starb 1953 in Wien, doch die Geschwister lebten weiterhin in dieser Wohnung. (seit 1977 gibt es dort die Felix-Braun-Gasse)
Von 1951-1961 war er Dozent für Kunstgeschichte an der Akademie für angewandte Kunst sowie für Theaterwissenschaften und dramatische Kunst am Reinhardt–Seminar in Wien und hat viele Preise erhalten.
Felix Braun starb am 29. November 1973 im Krankenhaus in Klosterneuburg bei Wien und erhielt ein Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof.
Anmerkungen: Felix hat seine Gedichte nur im Gehen bzw. Singen ausgedacht und zu Hause aufgeschrieben, außerdem war er Autographensammler.
Über seinen Bruder Felix schreibt Käthe folgendes: (s. Broschüre für das Döblinger Heimatmuseum im Jahr 1965)
(…). Wenngleich die Jüngere, war ich dem Kinde, dem Knaben, dem Jüngling Felix immer die nächste Freundin. Wir hatten unsere gemeinsamen Spiele, die meistens von ihm geleitet wurden, vor allem das Schlachtenspiel: aus Mannlbogen ausgeschnittene Soldaten, Generäle und Kanonen wurden in die Ritzen des Parkettbodens in unserem Kinderzimmer gesteckt. Auf dem Boden sitzend, schoß Felix leidenschaftlich (..) mit dem dicken Teppichnagel, dessen Messingknopf glänzte, nach dem Feind. Nur ihm zuliebe tat ich mit, aber stolz, als Jüngere und als Mädchen gewürdigt zu werden, die Schlachten mitzufeiern. Doch in der Ecke, zu der ich immer wieder hinschaute, schliefen die Puppen! (….) Längst habe ich mich selbst gefunden, ohne daß meine schwesterlichen Gefühle für den Dichter sich geändert hätten. In meinem englischen Tagebuch schrieb ich einmal: “Geschwisterliebe: ein Widerfinden aus verlorenen Vergangenheiten.“